14 THOMAS REHBEIN GALERIE

 

 

 

AKTUELL

Thomas Renwart: Ausstellungseinladung

Thomas Renwarts: Nothing Really Matters No. 1, 2023, (work in progress, detail)

Thomas Renwarts: work in progress, detail

AKTUELL

Shelter from the Storm

Thomas Renwart

Ausstellung: 12.1. – 9.3.2024

Eröffnung: 12. Januar 2024, 18  – 21h

Di–Fr von 11–13h und 14–18h / Sa von 11–16h

 

THOMAS REHBEIN GALERIE
Aachener Straße 5
50674 Köln


+49-221-310 10 00
art@rehbein-galerie.de
www.rehbein-galerie.de

 

Shelter from the Storm

Thomas Renwarts (*1995, Belgien) textile Wandarbeiten, gewebt und teilweise gestickt, zeigen ambivalente Sujets. Er webt seine Bilder auf einem Webstuhl in seinem Atelier in Gent, in einem alten Kloster. Das Weben hat für ihn eine Bedeutung von familiärem und kulturellem Erbe. Seine Großeltern besaßen eine Weberei, seine Großmutter brachte ihm das Sticken bei. Auch das Genre der Wandtapisserien geht in Belgien auf eine lange Tradition zurück. Renwart greift diese auf und übersetzt sie in die Gegenwart. Dabei vermischt er persönliche Gedanken und Gefühle, in Bildform, häufig von Text gerahmt, mit Inhalten aus der Literatur, Wissenschaft, Geschichte oder Pop-Kultur. Seine Referenzen sind eine Mischung aus Poesie und Realismus, Erinnerung und Statement. 

Renwart hat nicht nur eine Vorliebe für das Mythologische, sondern auch für das Mystische und Verwunschene. Er sieht etwas Verborgenes in der Flora und Fauna und bringt dies in seinen Werken zum Ausdruck. Die Sensibilität für Gefühle, Erinnerungen, das Übernatürliche und Poetische verwebt er so mit dem Stoff, dass eine andere manifeste Realität entsteht, die Schönheit und Dramatik verbindet. 

Von der Raupe zur Puppe, von der Puppe zum Schmetterling. Eingeschlossen, eingeschlafen, aufgewacht, aufgebrochen, neugeboren. Schmetterlinge sind fragile Wesen, geschaffen durch die Härte und Schönheit der Natur. Sie sind von zerbrechlicher Anmut und doch durch die Metamorphose geboren. Bequem und unbequem, bedrückend eingeengt und doch geborgen. Eingesperrt, allein in Abgeschiedenheit, im Schutz ihrer eigenen Kreation. Erst der Kokon, dann das Aufbrechen und dann die farbenfrohe Expressivität ihres Seins. In Enge und dann in weichem Flug.
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Thomas Renwarts (*1995, Belgien) textile Wandarbeiten in der Einzelausstellung »Shelter from the Storm« zeigen wiederholt das Sujet des Schmetterlings. Dargestellt im Fluge inmitten historischer Planetenkarten verweisen sie auf den tiefverwurzelten Wunsch des Menschen, sich seine Welt und Umwelt erklären zu wollen, während er sich selbst versucht zu erkennen. Seine Arbeiten sind von alchemistischer, ritueller und mystischer Kraft und kosmischer Energie umgeben. Sie helfen uns zum einen mit den stark ambivalenten Themen und Gefühlen der aktuellen gesellschaftlichen und zwischenmenschlichen Lage auf melancholische, emotionale und intime Art umzugehen. Sie zeigen uns die dunkle Seite menschlicher, und vor allem persönlicher Entwicklungen im Laufe des Lebens. Gleichzeitig jedoch geben sie uns Halt in einer undurchschaubaren Welt, in der Heiterkeit und Illusion als Dogma auferlegt werden. In einer Gesellschaft, in der Distanz häufig über Tiefe gesetzt wird. 

When I was very young Nothing really mattered to me But making myself happy
I was the only one 

Now that I am grown Everythings changed I'll never be the same Because of you 

Wenn Schmetterlinge, die buntgeflügelten Gestalten, in den Sturm kommen, verstecken sie sich unter Blättern oder in kleinen Höhlen. Denn wenn sie von den Tropfen des Regens berührt würden, so würden sie ihren Schmetterlingsstaub verlieren. Die bunten Schuppen auf ihren Flügeln sind Hohlkörper und nicht nur dekorativ, sondern auch ihres Flügelschlags Stabilität. Der Sturm würde ihre Stabilität zerstören. Also verstecken sie sich. Ihre eigenen Flügel und ihre eigene Schönheit werden sie niemals sehen. Ihren sanften Flug wohl selbst nicht wahrnehmen. Die Faszination für ihre Metamorphose und ihre Flügelpracht hinterlassen sie nur für die Außenwelt. Sie sind umgeben von naiver Reinheit. Wie die pure Form von Liebe 

Liebe erhält Naivität. Sie lässt uns beibehalten, was wir in der Kindheit hatten.
Die Zeit, in der alles gefragt wird, aber nichts hinterfragt. Nichts einen Wert hat und alles eine Bedeutung. Und dann irgendwann fangen auch wir an, uns zu verstecken. Es kommen die Erfahrungen, das Menschsein, das  Erwachsensein, inmitten des Sturms. Wir lieben anders, wir lieben romantisch.
Und das erste Mal Lieben ist kindisch, ist unvorsichtig, bedeutet kein Schutzschild, und bedeutet Schweben, Lachen und Weinen. Die Unvoreingenommenheit enthüllt uns dann die Gefahren und Enttäuschungen, die die Liebe vermeintlich birgt. Wir fangen an Unvorsicht mit Gefahr zu verwechseln. Und dann kommen wir zu der Bewusstwerdung, dass alles – eingeschlossen dem Selbst – nach Zerstörung, nach Verfall strebt. Dass jeder Tag auf Erden unseren Körper mehr zu dem bringt, was uns allen gleich ist: dem Tod. Unsere Naivität geht verloren. Und naiv, das wird oft abwertend gesagt. Doch bedeutet es »von kindlich unbefangener, direkter und unkritischer Gemüts- und Denkart, treuherzige Arglosigkeit beweisend«, in der Literaturwissenschaft gar »in vollem Einklang mit Natur und Wirklichkeit stehend«, im Schauspiel steht die Naive für das Rollenfach der »jugendlichen Liebhaberin«1. Wann ist Naivität etwas Negativkonnotiertes geworden? 

Nothing really matters Love is all we need Everything I give you All comes back to me 

Looking at my life Its very clear to me I lived so selfishly I was the only one 

Zuerst, in der Kindheit, sind wir die Raupe. Dann kommt der Kokon. Erst dürfen wir, im besten Fall, alles sein und dann müssen wir plötzlich etwas sein. Uns anpassen, uns hart machen, um nicht verletzt werden zu können. Uns rüsten, uns fremdbestimmen lassen. Wie weltschmerzlich das ist, zeigt die Gebrochenheit der jungen Gesellschaft, das Tabu der Gefühle, die Zensur der Tiefe, die einfache Ersetzbarkeit, die Backups und die Fluchten, die tiefgehende Liebe mehr und mehr verblassen lässt. Plötzlich betreten wir eine Welt, in der Vulnerabilität ein Risiko darstellt, Gefühle zeigen mit Schwäche, und Kälte mit Stärke gleichgesetzt – ein offenes Herz mit Bedürftigkeit verwechselt wird, Liebe ausgetrickst wird durch Spiele. In der die Oberflächlichkeit, die Objektivierung von Menschen und ihre Austauschbarkeit uns die Kraft nimmt, uns einsam fühlen lässt. Das Chaos des Lebens, das uns einst keine Angst machte, wird plötzlich bedrohlich. 

Und dabei sind wir alle so müde davon stark sein zu müssen, aber keiner gibt es mehr offen zu. Lebt in uns allen doch noch das fragile Wesen, dem die Härte der Welt zu viel ist. 

Thomas Renwart schreibt uns in »Shelter from the Storm« eine Geschichte, in der die Schmetterlinge uns zurückleiten zu dem, was wir waren. Uns Halt geben darin, wieder vulnerabel sein zu dürfen, uns wahrgenommen und nicht austauschbar zu fühlen. Er bietet uns diesen Raum, bietet einen Unterschlupf vor der stürmischen Welt, er setzt Tiefe über Distanz. 

I realize
That nobody wins Something is endin' And something begins 

Nothing takes the past away Like the future Nothing makes the darkness go Like the light 

You're shelter from the storm Give me comfort in your arms

Thomas Renwart zeigt, dass wir im intimen Raum geschützt sind, und die Fähigkeit haben, ihn zu schaffen. Dass das, wovor wir uns fürchten und schützen, letztendlich unsere Befreiung sein kann. Es geht darum Stille zu finden, in einer schweren Welt, die Würde in den kleinen Dingen wiederzufinden, sich dem naiven Glauben wieder hinzugeben und Vertrauen zu haben. 

Vielleicht ist Liebe unsere Rettung. Vielleicht ist Liebe unser Schutz. Und vielleicht bedeutet Liebe doch kein Schmerz, sondern ist unser einziger Trost. Vielleicht ist Liebe das, was bleibt, das was immer zurückkommt und das einzige, wovor wir keine Angst haben müssen.
Nichts vertreibt die Dunkelheit, wie das Licht. 

Ausstellung: 12.1. – 9.3.2024

Eröffnung: 12. Januar 2024, 18  – 21h

Di–Fr von 11–13h und 14–18h / Sa von 11–16h

 

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